Prinz Kuckuck : Leben, Taten, Meinungen und Höllenfahrt eines Wollüstlings by Otto Julius Bierbaum

Prinz Kuckuck : Leben, Taten, Meinungen und Höllenfahrt eines Wollüstlings by Otto Julius Bierbaum

Autor:Otto Julius Bierbaum [Bierbaum, Otto Julius]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 3784418066
Herausgeber: Langen Müller
veröffentlicht: 1979-12-31T23:00:00+00:00


Am Abende desselben Tages erschien der Verfasser des Akrostichons bei Henry, um ihn mit dem Tone herzlichen Bedauerns über die Gemeinheit zu trösten, der er zum Opfer gefallen war, weil er sich mit diesem Literatengesindel abgegeben hatte.

Es war Karl.

Der Hofmeister

Der zweite Stern

Karl hatte mit dem Organisator Gründeutschlands kein schweres Spiel gehabt. Da seine Berechnungen gestimmt hatten, stimmte nun auch das Fazit. Henry, ohne es im mindesten zu fühlen, wie blöde er handelte, indem er folgsam tat, was das Akrostichon ihm geraten hatte, und ohne die leiseste Ahnung zu haben, wem er ins Garn gelaufen war, steckte den Morgenstern in der Tat sofort ein, schloß Wartezimmer, Kasse, Redaktion, Stenographiegemach und Audienzsalon, ließ sämtliche Restbestände des Zentralorgans einstampfen und verschwand mit Karl aus Leipzig.

Daß das eigentlich eine Flucht war, ein schmähliches Zurückweichen vor dem ersten Anhauche der öffentlichen Meinung, die er doch immer en grand seigneur zu verachten beteuert hatte, spürte er gar nicht, glaubte vielmehr, sich einen sehr vornehmen Abgang verschafft und gleichzeitig wirksame Rache an der Krapüle von Literaten genommen zu haben, die er nun durchaus vom Standpunkte Karls her beurteilte.

Dieser war jetzt vollkommen über ihn im Bilde und vermied fürs erste alle früheren Fehler in seiner Behandlung. Er schonte seine Eigenliebe und nährte seine Großmannssucht.

Von seinem Geheimnis hatte ihm Henry nichts verraten; dies behielt er streng für sich als Stütze auch dem Vetter gegenüber; aber die Lehren aus des Papas Vermächtnis produzierte er häufig genug als seine eigensten, innersten Überzeugungen. Daran knüpfte Karl um so leichter an, als sie mit den seinen genug Berührungspunkte hatten, – nur daß er es im Grunde seiner Seele für eine maßlose Unverschämtheit dieses »Tölpels« hielt, sie für seiner angemessen zu halten. Er erblickte in diesem Umstande direkt ein Symptom beginnenden Größenwahnes und begann das abgedankte Gottschedchen rein pathologisch zu nehmen und seine Pläne darauf zu gründen.

Da er jetzt nicht mehr die Befürchtung hegte, daß Henry seiner Schwester gefährlich werden könnte, schloß er diese in seinen Plan ein.

Der Zufall wollte es, daß Berta gerade jetzt wieder nach Genf in ihr Pensionat reisen mußte, und daß Karl zu ihrem Begleiter bestimmt war. Nun reiste auch Henry mit.

Herr Jeremias und Frau Sanna wären mit dieser Reise zu dritt kaum einverstanden gewesen, denn sie ging auf recht kavaliermäßige Weise vor sich.

Gleich in Dresden, wo man sich traf, stattete Henry seine schöne Cousine, die nun eine wahrhaft blendende Erscheinung geworden war, mit Toiletten aus, die, auf ihre etwas englische Art gestimmt, ihr das Ansehen einer jungen Lady aus den exklusivsten Kreisen der Aristokratie Old-Englands verliehen. Alle Angaben zu diesen Toiletten rührten natürlich von Karl her, der sich und Henry in dem gleichen Stile anglisierte. Er sorgte auch für einen Kammerdiener, der einmal bei einem englischen Herzog bedienstet gewesen und somit befähigt war, wo Karls Instinkte für Highlife nicht ausreichten, mit seiner Erfahrung einzuspringen. Ihm, der sich nicht ohne innere Berechtigung seit seinem Wirken in London und Plumkake-Kastle (wir wollen den wahren Namen aus Respekt vor seiner Erlauchtheit nicht verraten) John nannte, obwohl er ursprünglich ein ganz gewöhnlicher Johann



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